Burkhard Mönnich / Thomas Palme

Gespräch von Munchs Bettuch zur Leere und zurück

Thomas Palme: Förg und Kippenberger sind ja nicht so weit auseinander. Das hat schon mehr miteinander zu tun als man im ersten Augenblick denken sollte. Kippenberger hat ja auch Förg gemalt. Es gibt ein Förg Portrait.

Burkard Mönnich: Das wußte ich gar nicht.

TP: Jaja, so eine aufgequollene Form, die aus einem grünlichen Dunst herauskommt.

BM: (lacht)

TP: Jaja, das gibt’s schon. Ebenso wie es die Förg-Gespräche gibt, gibt’s auch das Förg Portrait. Allerdings ist das von 1982, und ich glaube nicht, daß man Förg damals schon so verstehen konnte, wie wir ihn heute verstehen. Förg ist eben doch eine Weiterentwicklung des Kippenberger Humors.

BM: Ja, das ist Kippenberger ohne den Humor.

TP: Ja.

BM: Weil der Humor einfach wegbleibt.

TP: Genauso wie er alles andere wegläßt, läßt er den Humor eben auch noch weg. Das hat er schon gut hingekriegt. Vielleicht sucht er sich auch gerade deshalb für seine Fotografien Gebäude aus, die so mit Bedeutung geladen sind; weil er eben das leicht bewältigen kann. Er bringt keinen eigenen Inhalt mit, den er damit in Einklang bringen muß, weil sowieso nichts da ist.

BM: Er entzieht den Sachen eben auch dadurch den Inhalt, daß er beispielsweise ein Photo davon macht. Er kann die Inhalte benutzen. Er kann die Sachen entleeren. Es bleibt nur noch eine Hülle über, die nach außen zwar nach Inhalt aussieht, aber keinen Inhalt mehr hat. Aber in den Gitterbildern funktioniert das einfach besser, weil von vornherein kein Inhalt da ist und die Bilder einfach keinen Sinn haben.

TP: Vielleicht sind sie ja einfach nur so hohl, daß alles damit geht. Er sollte besser nur malen.

BM: Ja, ist auch besser als die Photos.

TP: Viel besser.

BM: Die Photos wollen eben doch noch was. Spuren von Inhalten sind halt doch noch da.

TP: Das Bedürfnis danach scheint er ja auch ganz extrem zu haben. Das sieht man ja an den Büchern, die bei ihm rumliegen. Wenn man sich mit Ezra Pound in erster Linie beschäftigt und in jedem Gespräch Ezra Pound zitiert, der ja wirklich ein Mythos ist, dessen ganzes Leben ist ja ein Mythos, dann steckt da doch ganz stark das Bedürfnis dahinter, genau diese Leere, die Förg in seinen Bildern zeigen kann, hintenherum zu kompensieren und sich mit Bedeutungen zu beschäftigen. Phänomenal ist natürlich, wir er das aus den Gitterbildern heraushalten kann.

BM: Ich glaube, diese Leere ist nicht gewollt, die passiert ihm einfach. Das ist sowas wie das König Midas - Syndrom: alles, was er anpackt, wird leer.

TP: Glaubst du wirklich?

BM: Scheint so zu sein.

TP: Ja, aber ich könnte mir schon vorstellen, daß diese Leere für ihn so etwas wie ein Qualitätsmaßstab ist. Das traue ich ihm schon zu, daß er einschätzen kann, daß in seiner Arbeit ein Bild, je leerer es ist, umso besser wird.

BM: Dann weiß ich aber nicht wo die Frustration bei ihm herkommt.

TP: Weil er in der eigenen Arbeit abwesend ist, vielleicht.

BM: Aber in dem Moment hätte ja das funktioniert, was er will. Ich weiß nicht ob das so stimmt.

TP: Aber es ist doch im Prinzip auch unerträglich, selbst wenns Absicht ist. Man löscht sich dann selber aus.

BM: Er löscht damit ja alles aus.

TP: In dem Moment hat man dann das Bedürfnis, sich woanders, vielleicht in Inhalten außerhalb der Arbeit, wiederzufinden. Deswegen paßt Alkohol da auch sehr gut, das ist das gleiche Auslöschungsprinzip. Er könnte ja auch den ganzen Tag schreiben und das dann verbrennen. Das Bedürfnis nach einem bestimmten Gewicht kann sich allerdings auch so aussprechen, indem man sich mit Ezra Pound beschäftigt.

BM: Aber er erklärt ihn dann doch. TP: Das verstehe ich jetzt nicht, in seiner Arbeit taucht er doch gar nicht auf, und wir reden doch über einen Maler.