Von Hans-Christian Dany

Manchmal muß ich mir Dinge nur lang genug vorstellen, damit sie wirklich werden. Eine Weile war meine Lieblingsvorstellung vom MiniMal ausgehalten zu werden. Einer würde mich dort mögen und eine Zeit durchschleifen.

Dann stand es in der Zeitung, darum könne man mich jetzt bewerben. Ich fuhr sofort hin und fragte nach. In meiner Filiale wußte die Marktleiterin noch nichts davon, gab mir aber die Nummer der Zentrale. Die Leute dort erklärten mir, ein Agentur sei durch den Minimalismus-Boom des letzten Sommers draufgekommen, daß es Sinn macht.

Die Leute von MiniMal hatten nicht gewußt, daß es den Minimalismus gab, fanden ihn aber schmeichelhaft. Man hatte schon länger einen Mangel an Erscheinung verspürt und die Information über das bisher Unbekannte passte in ein Bedürfnis danach. Die Kunden würde wohl noch Zeit dafür brauchen, meinte die Öffentlichkeitsarbeiterin, aber der Versuch koste ja weniger als eine Wurfsendung.

Dann zeigte sie mir ein Buch mit auf sich selbst reduzierten Klötzen und Kisten aus denen die Bedeutung quoll. Etwas in der Art fertigte ich in den Tagen danach an und bewarb mich. Jetzt ging ich öfter zum Postkasten und einen Monat später erhielt ich einen Brief, man habe sich für mich entschieden: Ich bräuchte jetzt zwölf Monate nicht mehr an der Kasse stoppen, mein Einkaufswagen würde einfach durchgewinkt.

Als ich das erste mal meine nichtbezahlten Waren einpacke erklärt die Kassiererin den Kunden, die hinter mir in der Schlange stehen, "das ist dies Jahr unser Künstler, der darf umsonst einkaufen". Anfangs war es mir gegenüber den anderen in der Schlange peinlich. Ich kaufte immer nur wenig ein. Mal ein Wasser, ein Schokoriegel, Zigaretten und kam lieber drei bis vier mal am Tag. Auch habe ich mir nie eine neue Tüte gekauft, sondern die Benutzten immer wieder mitgebracht.

Die Kassiererin, die wahrscheinlich gedacht hat, unser Künstler kann doch nicht mit den gebrauchten Tüten rumlaufen, hat jedesmal gesagt, "nehmen Sie doch eine neue Tüte, sie kriegen die doch umsonst". Mir fiel dann nur so was ein wie, "...ist doch nur für die Milch". Eine Menge Tüten habe ich mir doch andrehen lassen. Draußen zog ich dann über die bunte MiniMal-Tüte eine graue Tüte.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich es genießen konnte, die Großzügigkeit der Kette zu verkörpern und die Marktleiterin ein Taxi für den Inhalt meines übervollen Einkaufswagens rufen zu lassen.