Von SMEK

Versuche einer Historisierung politischer Kunstpraxis von Frauen setzen zumeist ‘68 an und erzeugen das Bild einer kurzen, in den angeblich postpolitischen achtziger Jahren schnell verwelkten Blütezeit eines künstlerischen Aktivismus.


Dabei waren die sog. Siebziger Jahre-Künstlerinnen z.T. bereits in den protopolitischen sechziger Jahren aktiv und haben auch in den Achtzigern ihre Hände nicht in den Schoß gelegt. Aber die Siebziger scheinen besonders geeignet für den Mythos einer Einheit oder Ergänzung von künstlerischer und politischer Frauenbewegtheit.

Wenn feministische Kunst einen feministischen Kontext hatte und umgekehrt: ein feministischer Kontext seine Kunst, dann muß das damals gewesen sein. Zumindest bietet ein Rückblick, wie ihn auch Laura Cottingham inszeniert, einige Projektionsflächen für Idealisierungen. Daß sich feministische Kunstpraxis jedoch nicht - wie oft angenommen - auf ihr angeblich angestammtes Aktionsfeld der Video- und Performancepraxis beschränkte und neben ihrer Parallelexistenz zur Frauenbewegung auch noch über andere Bezüge verfügte, hat Antje Majeweski in der ersten Ausgabe von Starship mit ihrem Beitrag über realismusorientierte Malerinnen dargestellt.

Einigen von ihnen begegnet man auch in Laura Cottinghams Videoessay über Art & Feminism wieder, hier jedoch als durchge-scannte 100 Meisterinnenwerke gemalter Anliegen. Ihnen wird das Format des Videoessays nicht gerecht. Ganz anders die gezeigten Beispiele feministischen Video- und Performancepraxis:
Hier bietet der Zusammenschnitt gegenüber anderen Dokumentations- und Repräsentationsformen eine erhöhte Informationsdichte. Es macht einen großen Unterschied und Spaß, Arbeiten wie Adrian Pipers The Mythic Being (1974), Yvonne Rainers Christina Talking Pictures (1976), The Waitresses’ So You Want To Be A Waitress (1978) im Vergleich und nicht als zusammengesampelte Stills oder Dokumentationsphotos sehen zu können.

Ein anderer Pluspunkt von Cottinghams Video-essay ist die Zusammenschau von Arbeiten, deren Dreh- und Angelpunkt in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung im fordistischen Mittelstands-US-Amerika liegt: Architektonische Standards wie das Einfamilienvorortheim, bekanntes Motiv kritischer Kunst, wird hier als vielfältig behandelter Gegenstand sichtbar, um eine Analyse der Inneneinrichtung erweitert:
Neben Martha Roslers Collagen sind Fotografien, Performances und Videos von Cynthia Maughan, Gail Samburg, Ilena Segalove, Marjorie Strieder, Florence Dryer u.a. zu sehen.

Andere Schwerpunkte sind Tochter-Mutter-Konflikte, weibliche Sexualität und das Verhältnis von Handwerk und High Art: Sie bieten zwar einen Überblick über ‘neue’ Inhalte, von denen sich feministische Künstlerinnen eine politische Unterminierung herrschender Kunstvorstellungen versprachen, aber keine differenzierte Darstellung der jeweiligen Kontexte und formalen Referenzen.

Weitgehend unkommentiert und um die Möglichkeit gebracht, die künstlerisch-politischen Referenzen im einzelnen nachzuvollziehen, wird Not for Sale den offenkundig differenten Kunst-& Feminismusauffassungen nicht gerecht: Differenzen machten sich z.B. an der Überlegung von Künstlerinnen fest, welche Sprache am ehesten geeignet war, den männlich dominierten ästhetischen Kanon der Moderne zu kritisieren und/oder zu übergehen. Während Realistinnen, wie Antje Majewski schreibt, mit ihrer "Rückkehr noch hinter den ‘Beginn der Moderne’" etwas "seltsam rückwärts-vorwärts Gewandtes" versuchten, parodierten andere, männlich codierte Klassiker der Kunstgeschichte und Ikonen der historischen Avantgarde als Zitatvorlage (z.B. Mary Beth Edelsons Some Living American Women Artists. Last Supper (1972) oder Hannah Wilkes Hommage à Marcel Duchamp).

Ein weiteres Differenzfeld, das Cottingham in ihrem bewegten Bilderbuch ausstreicht, ist das des Repräsentations- und Öffentlichkeitsbegriffs - ein Problem, das sich vielleicht mit Cottinghams kuratorischer Toastmasterfunktion erklärt. Nicht alle vorgestellten Künstlerinnen hatten ein Interesse am Kunstbetrieb und dies auch nicht einmal unbedingt nur aufgrund der dort herrschenden Geschlechterverhältnisse.