Von Gunter Reski        

Möglicherweise kennt jemand die beiden Hotspots dieses Textes gar nicht: Linguistic Turn und Pictorial Turn? Wir bewegen uns mittenhinein in den Themenpark der Kunstgeschichte und anverwandter Kulturwissenschaften.

Der Zoom auf meiner Tastatur sucht Hauptschauplätze in diesem kulturellen Terrain. Jahrhundertealte Bibliotheken, mit einer Luft nur gefüllt aus Schweigen und dunstenden Buchstaben. Man kann seine Zunge auch direkt beim Pförtner abgeben.

Schluckauf bedeutet hier mittelfristig ein Berufsproblem. Dauergäste können hören, wenn ein Geistesblitz im richtigen Winkel auf die Kleinhirnrinde prallt. Geisteswissenschaften sind auch eine gut getarnte Fantasy-Fraktion. Ich hab nichts gegen Kunstgeschichte. Das war nur die Einleitung.

Dort sind die beiden Ein- und Ausgangsbegriffe zu Hause. Der erste Begriff ist ein 1a Tiptop-Term, um den niemand herumkommt, selbst wenn er/sie bloß Cultural Studies betreibt. Pictorial Turn wäre inzwischen gerne ein Modewort, hat das anscheinend aber nicht ganz geschafft. Man sollte ihn aber nicht allzu schnell vergessen wollen. Das wäre ein Vorschlag im Text.

Wenn es auch nicht alle wußten, spätestens mit dem Auftauchen des smart-worts "pictorial turn", haben viele zumindest erfahren können, daß ihre kulturelle Sozialisation bisher unter dem geisteswissenschaftlichen Primat des sogenannten "linguistic turns" stattgefunden hat.

Es handelt sich auch um ein typisch akademisches Behauptungsgefecht. Wenn Bilder so klug wären, wie Text manchmal sein kann, könnten sie nicht so schnell sein. Und was nützt dem Text all seine Gescheitheit, wenn er aufgrund seiner Grundbedingung Linearität, immer zu spät um die Ecke kommt. Oder manche ihm aufgrund seines Codecharakters nicht weiter folgen mögen.

So eine Art Dauerolympiade der Sinnesorgane kommt auch mit ins Spiel. Hermeneutisches Ohr gegen wissenschaftliches Auge ?

Um es kurz sagen, es interessiert (mich) weniger, ob der Pictorial Turn eventuell doch noch Kulturmaxime wird oder als Begriff datierungstechnisch womöglich seit dem ersten Atompilz versteckt am Wirken ist oder oder. Im visuellen wie im textuellen Terrain ist es jeweils die entsprechende bildliche Ebene, die mein Anliegen füttert. Mein Anliegen kann immer noch nicht besonders gut mit Besteck umgehen. D.h. es kleckert mitunter auch so ins Blaue hinein.

Das Händeln mit einer bestimmten Art von Methaphernbillard sowie symbolträchtigen Bildkreationen bringt auf die Dauer mit Glück nicht nur bessere Resultate mit sich, sondern auch vage Einblicke in die Handicaps einzelner Medienbegebenheiten. Ein Bild erscheint mir mitunter etwas feierlich, ein Text dagegen etwas flüchtig. Oder am nächsten Tag umgekehrt. Von daher plagt mich schon länger eine kleine Glücksvorstellung, wie es wäre, die von mir gern besuchten Vorteile der einzelnen Medienpanels unter einen Hut zu bringen.

Beide zuvor genannten Begriffe stehen sich, um gegenseitigen Ausschluß bemüht, ziemlich unfreundlich gegenüber. So läßt sich jedenfalls die bisherige in Dtl. etwas schief gelaufene Rezeption (siehe October/77, Privileg Blick, Methodenstreit, Texte zur Kunst) wieergeben. Der Ausschlußmodus lautet fast Sprach- gegen Bildkraft oder Denke contra Gucke.