Eier legen
Das Lager ist im Keller, sagte sie und stolperte, erste Schritte gehend, oder Schrittchen, oder Schritt, um Schritt, Schritt, ihren Traum einleitend, uns wurde eingeredet, das Zimmer ist für euch schön gemacht. Sie sagte, und trotzdem roch es schlecht und ungesund, ein Miasma lag in der Luft. Matratzen gestapelt, anthrazitgelbe Tücher nonchalant über Fäden gehangen, um dampfende Rohre gewickelt, für oder auch gegen die Hitze, und die Kinder, sagte sie, ich und meine Vetternschaft, wurden mit Bonbons bestochen, uns wurde angewiesen, ihr habt zu folgen!, diese Kinder wurden untersucht, rumgemacht wurde an ihnen, verpfuscht wurden wir und gesteuert, sie und die weissgesagten Körper und was tiefer lag, wurde im Kern angegriffen und es war uns die ganze Zeit bewusst, als würde ich doppelt träumen. Denkst Du, sagte sie, eine Kinderseele ist tatsächlich unversehrt? Was bleibt nach dem Trauma? Sie sagte, oder bist Du etwa der Überzeugung, dass das erst mit dem Leben heranwächst, der Gedanke … wie früh, in welchem Alter … dann gewinnt der Gedanke, der sagt, diese Kinder waren von Beginn an Ausgesperrte. Es war Nachmittag, als sie auf dem Gehweg spielten und wir schauten in die Sonne und alles war von einem weissen Gitter gefangen und wir bedeckten uns mit staubender Erde. Die Kinder steckten im Drill, dass sie sich nicht verbünden konnten und sich stattdessen in einem Wettkampf gegenüber standen. Sie gingen sich gegenseitig an, bis eine Cousine den elterlichen Druck und stichelnden Neid nicht mehr aushalten konnte, bis sie im Wandschrank einen Strick knüpfte und ihr Leben zwischen die Hemden hing. Angelogen wurden wir immer schon, sagte sie zum Abschied. Eingeladen auch. Sie sagte, manchmal geschah es bei Tageslicht, selten im Geheimen, manchmal in der Studierstube und das öfters als angenommen, sie sagte, und das, obwohl diese wunderlichen Verhältnisse, sie meinte, und das, obwohl diese abartigen Verhältnisse nicht mit einem Wettbewerb zu vergleichen sind, bis die Eltern täglich erklärten, doch, doch, es ist ein Wettkampf, einer muss gewinnen, sonst verlieren alle, insofern haben die Eltern tatsächlich etwas zu sagen und sie bestimmen dann, was wertvoll ist: so fahren wir an die Amalfiküste, morgen schon und sobald wir im Auto sitzen und Lakritze lutschen, schlafen die Kinder, und wir halten ihre Arme aus dem Fenster, und wir spüren die Luft durch ihre Finger ziehen und morgens, wenn jemand etwas Ähnliches mit Wonne verwechselt, das Gefühl mit dem Wasser aus dem Duschhahn erlebt, erwachen wir aus unserem Tagtraum. Dann machen wir statt den Beinen die Augen breit und erkennen dieselben Bienen aus dem vorangegangenen Jahr, die zum Tod bestimmten Insekten, ihre kleinlauten Gesänge sind ein Zeichen, sagte sie, wie sie die Kälte flüchten und durch den Türspalt in die Dusche gefunden haben, dutzende sterbende Bienen, kaum ein Saft, der übrig bleibt. Noch in die Spiegelscherbe gestanden, die klemmt und liegt … feste … bis sie sich verkeilt, bereit, sich gegen den Widerstand zu stellen. Eben erst mich aufgeben, wenn es denn verlangt ist, oder als überhöhte Erinnerungsgeste ein Windspiel klingen lässt. Sie sagte, die Insekten sind gekommen um die Kacheln und das Bad zu besetzen, die Tierchen suchen sich hinter den aufgewärmten Kacheln einen geeigneten Ort zum Siechen, die Insekten, sagte sie, ihre Zahl ist nicht zu bestimmen.
Tenzing Barshee is a magazine editor (Wandering), writer, curator, and columnist for Starship. Recent exhibitions he curated or co-curated were Rochelle Feinstein, In anticipation of Women’s History Month on view at Centre d’Art Contemporain Geneva, and Margaret Honda, opening at Künstlerhaus Bremen.