Psych-Out
Über den cinematographisch induzierten sozialen Aufstieg des Psychedelischen anhand Deborah Schamonis Zusammenstellung einschlägiger Filmszenen im Berliner Projektionsraum „Raum 3“
Da das Besorgen und Konsumieren von Drogen in den Filmen sehr viel schneller vonstatten geht als erwartet, und weil die zu den Trip-Szenen gehörigen Rahmenerzählungen in dem Video von Deborah Schamoni weggelassen wurden, fügt sich auf der Leinwand eine nahezu nahtlose Filmstrecke halluzinogener Rauscherlebnisse aneinander. Für den Zusammenschnitt wurden hauptsächlich Filme verwendet, die aus den mittelspäten sechziger Jahren stammen, dieser kurzen Periode der Großherzigkeit, in der das Acid von selbsternannten Engeln verteilt wurde, die in angemalten Bussen durchs Land tourten (s.u.). Mit Ausnahme einer Dokumentaraufnahme von einem Love-In, in der Stimmen aus dem Volke zu Bildern von dem bunten Blumenkinderauflauf die Gutartigkeit von Hippies bekunden, wurden die gezeigten Szenen mehr oder weniger hollywoodnahen Spielfilmen entnommen.
Im Rahmen dieser Auswahl läßt sich der psychedelische Film als der Versuch beschreiben, die LSD-Euphorie visuell in Szene zu setzen - und dazu betreibt er einigen Aufwand. Dabei scheint niemals ein experimentelles Interesse an Halluzinogenen der Grund dafür gewesen zu sein, daß eine Tripszene ins Drehbuch gelangte. Wer käme schon auf die Idee, den DarstellerInnen einfach ein paar Pillen zu verabreichen (Merry Prankster einmal ausgenommen, s.u.)? Vielmehr wird ausnahmslos der Drogenexzess von vornherein der symbolischen Ordnung verfügbar gemacht und somit zur Unterstützung der jeweiligen Message des Films funktionalisiert.
Dennoch stellt der Trip im Kinofilm ein Problem dar. Zwar ist seine Darstellung formal meistens recht unspektakulär, tendentiell eskapistisch ist die Euphorie-Feier im Spielfilm jedoch durch ihre Funktionslosigkeit als Erzählfigur. Ihr anti-logischer Raum besitzt innerhalb der Teleologie einer Erzählung oder eines Genres ein nahezu anarchisches Potential.
Ganz unpsychedelisch hat Lars von Trier diese Möglichkeit in „Idioten“ ausgetestet und seinem Publikum erfolgreich, wie ich meine, gezeigt, wie stark ungeschminkte Euphorie im Kino verstört. Nicht nur in sich ist solch eine sinnfreie Enklave anarchisch, sie ist es auch, was die Beförderung der Handlung des restlichen Films anbelangt. Nur so sind die vielen Morde „under the influence“ zu erklären, die sich in der Kategorie „Wendung zum schlechten Trip“ abspielen, welche gleichermaßen dem Trip ein Ende setzen und ihm eine Berechtigung für den Fortgang der Handlung abzwingen.
Solcher Funktion entledigt bietet sich bei den isolierten Trip-Szenen ein Blick auf Strategien der Inszenierung der halluzinogenen Erfahrung selbst an. Denn die Abfolge ermöglicht eine Probe aufs Exempel, bis hin zu der Frage, welche Art von Erfahrung vermittelt werden will. Geht es etwa um eine Anstiftung zum Nachmachen oder können sogar euphorische Stimmungen direkt im Kinosaal stimuliert werden?
Die „Magical Mystery Tour“ jedenfalls fiel bei ihrer Erstausstrahlung 1967 beim britischen Publikum durch - der unerhörten Popularität der Beatles zum Trotz. Aus heutiger Sicht scheint dies kaum verständlich, da die Beatles in dem Film ihrem neuestem Faible für phantasievolle Kostüme freien Lauf lassen und ihre Songs regelrecht ausstaffieren. Der Film könnte geradezu als Musterbuch psychedelischer Bildwelten durchgehen. Vielleicht geben sich die Beatles ein wenig zu selbstironisch, um ein jungfräuliches Fernsehpublikum zu einer Fahrt ins Reich der Halluzinogene verführen zu können, zumal das Fernsehen den Film in schwarz-weiß ausstrahlte. Die Idee zum Film - ein Ausflug übers Land in einem bunten Bus - lieferte angeblich eine Romanfigur von Ken Kesey. In seinem Buch „The Further Inquiry“(1990 erschienen, die Busreisen fanden 1964-65 statt) fahren die Merry Prankster in einen bunt bemalten Bus - der eben „Furthur“ heißt, ein Wortspiel aus „further“ und „future“ - durch die USA und spendieren allen, die sie treffen, mit LSD angereicherte Drinks. Anschließend filmen sie die Leute und das Geschehen um sie herum. Diese Aufnahmen könnten dem Anfang der wunderschönen Tripszene in „Easy Rider“ ähneln, die pseudo-dokumentarisch mit einer Handkamera beginnt und trotz der kurz darauf einsetzenden Einblendungen von visionären Einzelbildern vor Ort bleibt und den stillen Frieden der Südstaaten-Nekropole mit den brabbelnden und jammernden Gesichtern und Körpern zu verbinden sucht.
Schön ist daran auch, dass - einmalig wohl auch in „Easy Rider“ - auf das Einspielen von Musik als Schlüsselreiz für das kollektive Zurücklehnen und Umschalten auf Halluzination verzichtet wurde. Regisseur Dennis Hopper hielt wohl die Friedhofssymbolik für eine ausreichend deutliche Markierung der Schwelle zum Transzendentalen. Mit einigen Effekten des Experimentalfilms, wie Überbelichtungen, Flackern, kurzen Bildeinblendungen und einer subjektiven Handkamera, die 1969 noch nicht zum Repertoire des Mainstreamkinos zählten, bezeugt die Szene rein formal und ohne aufwendige „Zutaten“ den veränderter Bewußtseinszustand. Auf private Visionen wird weitgehend verzichtet. Dadurch funktioniert die Szene eher symbolisch als suggestiv; als das Widerstandsritual eines Freak-Kollektivs. Nur einmal kurz wird ein Mandala symbolisch eingeblendet. 1969 weiß bereits jeder, was damit gemeint ist.
Wenn die romantisch-expressiven Manifestationen des Psychedelischen im Kino der späten Sechziger sich formal auf den US-amerikanischen Undergroundfilm der Beatgeneration zehn Jahre zuvor an der Ostküste berufen, so könnte sein abstraktes Formenmaterial, die vielen bunten Muster, die sich unter dem Begriff des Psychedelischen formieren, den experimentellen Animationsfilmen an der Westküste entstammen. Den ersten echten Mandala-Film stellten John und James Whitney 1963 mit Animationstechniken her, die sie in den fünfziger Jahren aus dem Zielgerät eines Flugzeugabwehrgewehrs entwickelt hatten. An programmierbaren Animationstischen ließen sich aus einfachen abstrakten Formen komplexe Bewegungen generieren. Die Mandala-Kreise oder -Vielecke, eigentlich Hilfsmittel indischer Meditationstechniken, waren die Lieblingsmuster der Whitneys.
Es ist nicht nur diesem Zufall zu verdanken, dass ihre Filme in den 60-er Jahren von Psychedelias Fangemeinde in Anspruch genommen wurden. Ungefähr synchron mit dem Aufkommen psychedelischer Bedürfnisse wird im amerikanischen Experimentalfilm nach Strategien der Adressierung des Publikums gesucht, mit denen intensive Wahrnehmungserfahrungen vermittelt werden können. An diesen Versuchen zeichnet sich ab, welche Modelle visueller Wahrnehmung dem Film in den sechziger Jahren zur Verfügung standen und diskutiert wurden. Letztlich geht es dabei um das Problem der visuellen Darstellbarkeit und Vermittelbarkeit der Erfahrung von Wahrnehmung, das infolge des sozialen Aufstiegs halluzinogener Drogen und der kurzlebigen Durchsetzung des Psychedelischen als Lifestyle auch in den Kinofilm Einkehr findet.
Im wütenden Separatismus der späteren siebziger Jahre empörte sich der britische Experimentalfilmer Malcolm LeGrice über einen ähnlichen Schulterschluß zwischen psychedelischer Erfahrungssuche und abstraktem Filmexperiment im Fall des kalifornischen Filmemachers Jordan Belson: „Belson represents the most extreme example of a mystical-religious attitude to both his films and his life-style, drawing directly on Buddhism and Yoga and using hallucinogenic drugs like peyote. At best his asceticism has enabled him to approach his experience and its relationship to the films in a spirit of inquiry. At worst his „cosmological mind-expansion“ has resulted in film sequences which get dangerously close to „space fantasy“. True, the science-fiction aspect of his images is infinitely more subtle than any similar sequences in the popular commercial cinema, like the much over-rated „stargate corridor“ sequence of 2001, but it still represents an aspect of his work which ...needs critical examination.“ (Malcolm LeGrice: Abstract Film and Beyond, London 1977, S. 82)
Aus seiner extrem anti-illusionistischen Position heraus kann LeGrice dem Suggestionsprinzip halluzinogener Drogen eigentlich nur ablehnend gegenüberstehen, geschweige denn seiner Übersetzung in eine Strategie des Experimentalfilms. Der sogenannte „Illusionismus“ des Kinos geriet ja in den sechziger Jahren zu einem Schlagwort, das jedem Nachdenken über Film eine Überschrift gab. LeGrice selbst beschäftigte sich mit Methoden zur Offenlegung der materiellen Beschaffenheit des Films, welche die Konstruiertheit der durch den filmischen Mechanismus produzierten Illusion transparent machen sollten. Narration und überhaupt jede Bedeutungszuweisung wurde in diesen formalen Experimenten so weit es ging zu unterbinden versucht.
Zur Stimulation kosmologischer Bewußtseinserweiterung bedient sich Belson der Dynamik und Fülle des „großen“ Kinos und entführt sein Publikum auf eine Reise ins Reich der Effektschau. Dabei kommt die Euphorie-Erfahrung einem sublimen Staunen und der beinahe körperlichen Vereinahmung durch Überwältigung gleich. Vermutlich bietet die „space fantasy“ der Aufhebung der räumlichen Koordinaten im Bild, wodurch der Eindruck von Schwerelosigkeit und unendlicher Weite entsteht, ein dem Psychedelischen angemessenes Potential an unmittelbarer kinematographischer Erfahrung. Zumal dem Publikum der sechziger Jahre solche Effekte noch neu sind. Es fragt sich dann nur, wie lange so ein Prinzip des überwältigten Staunens funktioniert.
Dagegen will LeGrice seinem Publikum „Visionen“ anbieten, die im konventionellen Zeichenrepertoire des Kinos nicht vorkommen. Hier ist die selbsttätige Sensibilität des Publikums gefordert. Kritisches Bewußtsein gegenüber konventionellen Bildern soll erlernt, zugleich ein subtiles, um zahlreiche visuelle Ebenen erweitertes Filmvergnügen erfahren werden können. Mit dem Versuch, die allgemeine Sensibilität für filmische Bilder zu steigern, könnte hingegen eine reflektierte Form der bewußtseinserweiternden Erfahrung geschaffen worden sein.
Diese Pädagogik verbirgt sich im Grunde in jeder der vielen „langen Einstellungen“, die der Sechziger-Jahre-Film hervorgebracht hat. Was die Euphorie betrifft: Die stellt sich beim Durchsitzen der frühen Filme Warhols nach ein paar Stunden automatisch ein, wenn sich mal etwas tut auf der Leinwand. Mittels der Hypersensibilisierung der Sinneswahrnehmung hat der formale Experimentalfilm „Visionen“ anbieten können, die den Bedürfnissen des Publikums nach neuen Seherfahrungen entsprach oder solche Bedürfnisse erst geschaffen hat. Anders läßt sich der damalige große Erfolg wenig abwechslungsreicher Filme gar nicht erklären.
Der Spielfilm dagegen agiert unter ganz anderen Voraussetzungen. Er kann seinem Publikum nur eine begrenzte Konzentrationsspanne abverlangen. Seine Bilderwelten sind symbolische Anordnungen, die als solche erkannt und verstanden werden wollen. In diesem Rahmen wirft die Drogeneskapade auf der Leinwand noch ein weiteres Problem auf. Das illusionistische Prinzip des Spielfilms geht von der Vereinnahmung des Publikums durch das bewegte Filmbild aus. Das Akzeptieren des Bildausschnitts als eigene Wahrnehmung setzt beim Publikum eine weitestgehende Verdrängung seiner realen Situation im Kinosaal voraus. Doch stellt sich bei der Tripszene die Frage, auf welche Weise die Illusion des Kinos noch gesteigert oder wiederum verdrängt werden könnte, damit die außerordentliche Wahrnehmung der LSD-Halluzination für das Publikum erfahrbar wird. Und darin müßte ja der Anspruch einer psychedelischen Erfahrung im Kino bestehen. Der kollektiven Halluzination des Kinos müßte dann noch eine weitere aufgestülpt werden. Dabei vermochten es normale Kinofilme ja bereits recht erfolgreich, ihr Publikum über zwei Stunden durch illusionistische Welten zu dirigieren.
Die „Magical Mystery Tour“ verweist bereits auf eine Methode zur Lösung des Problems: die Verlagerung der psychedelischen Erfahrung weg vom eigentlichen Drogentrip hin in Richtung Ausstattung. Was sich bei der Schwarz-Weiß-Ausstrahlung des Musikfilms als Fehlschlag erwiesen hatte, wurde zeitgleich in Hollywood mit der totalen Übersättigung der mise-en-scËne durch allerlei bunte Features versucht. So entstand eine Reihe von Filmen, deren aufwendige Kulissen mit heutigen Sehgewohnheiten kaum voneinander zu unterscheiden sind. Bevorzugte Settings bildeten Clubs, Bars oder Villen, angefüllt mit Hunderten von Lampen, Glitzervorhängen, Op-Art-ähnlichen Leinwänden, Kerzenständern, Kissen, bunten Federn, Blumensträußen, Ketten mit Weihnachtskugeln, die von den Decken hängen und mit Szenen und Mustern bemalten Wänden.
Dieser Vielfaltswahn verunmöglicht nicht nur die räumliche Orientierung des Publikums innerhalb der dargestellten Örtlichkeiten, sogar die jeweiligen ProtagonistInnen schauen scheinbar jedesmal von neuem überwältigt um sich. Nachtclubs und Villen haben fast immer mehrere Ebenen, so daß zunächst ein längerer Weg durch das visuelle Spektakel zurückgelegt werden kann. Oder es rennt jemand mehrmals hin und her und die Kamera darf sich mitbewegen - das konventionelle Kino schwenkte damals nicht ohne sichtbaren Anlaß durch die Kulissen.
Zu Beginn von Roger Cormans Film „The Trip“ (1967) muß Peter Fonda direkt hintereinander gleich drei psychedelische Interieurs durchwandeln: den Club eines Freundes, eine Villa voller Blumenkinder, wo Dennis Hopper den Beiden LSD verkauft, und ein Haus am Meer, das zum Schauplatz des eigentlichen Trips auserkoren wurde. Fondas psychedelischer Trip setzt jedoch lange bevor er die erste Pille auf der Couch im Strandhaus einschmeißt beim Einrichtungspektakel ein. Einer in San Franciscos Haight-Ashbury angesiedelten Kommune mit in jeder Hinsicht unübersichtlichem Bettenlager steht Jack Nicholson als sendungbewusster Hippie namens Stoney in Richard Rushs „Psych-Out“ (1969) vor. Er muß sich für eine gehörlose Susan Strasberg einsetzen, die in „The Trip“ als Fondas Ehefrau zwar hören kann, in seinen Halluzinationen aber nicht zu Wort kommt. In „Psych-Out“ ist ausschließlich die Szenerie psychedelisch, Drogeneskapaden kommen gar nicht vor. Stattdessen wird der Bruder der gehörlosen Frau - der, wie mitgeteilt wird, nach einem schlechten Trip religiösen Wahnvorstellungen verfallen ist - von flowerpower-feindlichen Lederjackentypen verfolgt. Spätestens bei der Schlägerei zwischen Hippies und Lederjacken auf einem Autoschrottplatz entpuppt sich die Geschichte als ein Halbstarkendrama – la James Dean, versetzt in eine kalifornische „space fantasy“.
Untersuchungen zur Funktion der Utopie in der Unterhaltungsindustrie zufolge hat es sich als besonders erfolgreich erwiesen, dem Kinopublikum statt einer vollendeten heilen Welt Utopisches in geringen Dosen zu servieren. In Verbindung mit einer realen Problematik kann so zunächst ein Mangel und daraus ein entsprechendes Bedürfnis definiert werden. Nach diesem Rezept verspricht „Psych-Out“ Einblicke in den psychedelischen Alltag einer Problematik um reale Machtverhältnisse, die sich dem an der Kulisse abzulesenden Lebensmodell der Blumenkinder entgegenstellen. In „The Trip“ wird Fondas bewußtseinserweiternder Ausflug mit dem Streben nach Selbsterkenntnis begründet und in eine Art Mentorenmodell eingebunden. Der erfahrene Freund, der auch das LSD besorgen mußte, hält Händchen, während Fonda auf einer Couch liegend zum ersten Mal trippt. Die Pille schluckt Fonda mit Apfelsaft, ein Downer wird für den Notfall als Gegengift bereitgehalten. Diese Konstellation hat zweifellos den Vorteil, dass zwischen den verschiedenen Trip-Szenen gegenüber dem einfühlsamen Freund immer mal wieder verbal Euphorie zum Ausdruck gebracht werden kann. Zuvor, in Hoppers Villa, hatte sich auch Fonda bei jedem der versammelten Euphoriker ausdrücklich nach dem Befinden erkundigt.
So ein verbales Zeugnisablegen von einer im Bild nicht visualisierten Erfahrung ist im Kino gängige Praxis, im Fall der psychedelischen Triperfahrung bleibt sie aber seltsam unmotiviert. Fonda spricht zwar immer wieder von Hochgefühlen, sein Freund aber bleibt gänzlich unaufgeregt. Um die Geschichte mal anders zu denken: eine Verführung zu LSD hätte das unverweigerliche Eintreten des euphorischen Zustands vielleicht etwas aufregender erscheinen lassen, ebenso wie eine gemeinsame Erfahrung. So heißt es jedoch nur: Einwerfen und der Film im Film spult ab.
Dabei etablierte sich zur selben Zeit in einem anderen Filmgenre die Verführung wider Willen als eine erfolgreiche Strategie zur Lösung eines vergleichbaren Problems um die Erfahrung von nicht Darstellbarem. Dem Pornofilm wird die Erfahrbarkeit des dargestellten Lustempfindens durch das Publikum ja ununterbrochen abverlangt. Als im Zuge der Lockerung sexueller Reglements 1968 erstmals nicht nachgestellter, echter Sex auf der Leinwand gezeigt werden durfte, mußten den neuen Anforderungen gerechte, effektive Darstellungsformen gefunden werden. Eine davon ist der berühmte „money shot“, mit dem der latente Bekenntniszwang des Genres wohl seinen Höhepunkt erreicht hatte, zumindest was den männlichen Part betrifft. Ein größeres Problem stellte sich dem Porno aber weiterhin aufgrund der Unfähigkeit, die weibliche Lust sichtbar und meßbar zu machen, was zunehmend zum zentralen Anliegen der Pornofilme geworden war. Eine häufige Strategie bestand in der „Verführung wider Willen“, die ein noch maßloseres, weil unkontrollierbares Eingeständnis der weiblichen Lust manifestieren sollte. Diese selbst wurde meist verbal oder durch „kinematographische Pyrotechnik“ (Linda Williams), das heißt mit Feuerwerken und ähnlich symbolträchtigen Bildern, visuell zu vermitteln versucht. Der Gedanke, dass sich die Geschichte des Pornos auch als eine Suche nach Verfahren zur Überwindung des Problems der Visualisierung von weiblicher Lust beschreiben ließe, ist oft wiederholt worden. Dasselbe hätte vermutlich auf den LSD-Trip im Kino zugetroffen, wenn nicht der psychedelische Lifestyle so schnell wieder passé gewesen wäre.
„Paul blamed LSD for the decline of humor in the sixties. He said the only person on LSD who had a sense of humor left was Timothy Leary. In a way he was right, because when we went up to San Francisco, whenever we tried to have fun with somebody, they would act like „How dare you make a joke!“ Everybody seemed to be taking the Cosmic Joke so seriously that they didn“t want you to make little uncosmic jokes. But on the other hand, the kids on acid did seem happy, enjoying all the simple things like hugs and kisses and nature.“ (Warhol, Popism, S. 169)