Ariane Müller

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Aus all diesen Diskussionen hat sich Kunstwerke aber zurückgezogen. Kunstwerke ist, wie man vom Kassier erfahren kann, ein privater Kunstverein.

Das klingt, als hätte sich ein reicher Sammler ein Museum eröffnet oder eine Künstlergruppe einen Ausstellungsraum eröffnet. In Wirklichkeit ist Kunstwerke natürlich vollkommen durchsubventioniert. Die erstrebte Umwandlung in eine G.m.b.H. hat auch noch nicht stattgefunden. Der Verein Kunstwerke kann aber immerhin Eintritt kassieren. Fragt man nach den nächsten Ausstellungen bekommt man in Kunstwerke keine Antwort, ein Jahresprogramm liegt nicht vor. Kein Futzel Papier keine Absichtserklärung ist zu erhalten.

Kunstwerke ist ein Ort für niemanden und für nichts.

Zu Kunstwerke gehört auch nichts mehr. Der Boden ist verpachtet. Das Haus steht leer. Ohne zu zahlen, bekommt man dort keine Seite zu lesen, keinen Ort zu sitzen. Ausgepovert.

Das liegt an dem privaten im privaten Kunstverein. Kunstwerke ist darin die Apotheose des üblichen deutschen Kunstvereins, wo jeweils alles auf eine einzelne (zumeist männliche) Person zugeschnitten ist. In Deutschland sieht man immer noch, obwohl anderswo durchaus nicht mehr üblich, wie Kunstvereine mit ihren Leitern aufblühen und zehn Jahre später in die Rente gehen. Anderswo wurden diese Modelle durchaus in Kuratorien, verschiedene autonome Bereiche aufgeteilt. verschiedene Personen, die nicht hierarchisch rund um den Leiter, sondern statt des Leiters das Öffentliche bestimmen.

All das müßte erst mal ausgehandelt werden, auch in Kunstwerke.

Vielleicht gibt es ja dann auch irgendwann eine Bibliothek.

Zur Zeit geht Kunstwerke einen sehr ruhigen Weg.

 


Obwohl bei vielen der Eindruck entstanden ist, daß es dort nicht ganz koscher zugeht, ist es aus der Wahrnehmung verschwunden. Vor allem seit es wieder eröffnet hat. Eine eigenartige don't touch Atmosphäre liegt über dem Ganzen. Über Kunstwerke kann man nicht sprechen. Weder mit Leuten, die als KünstlerInnen an Ausstellungen beteiligt sind, noch mit solchen, die potentielle BesucherInnen sind. Alle genieren sich für etwas, wahrscheinlich gerade für ES.

Was während der Berlin-Biennale als Laufsteg angelegt war, materialisiert sich als Trampelpfad. Kassa - das alte enge Hinterhaustreppen aus hinauf (hinunter rutschen). Kaffee und Bücher kaufen am Weg hinaus. Betreten verboten und abgeschlossene Türen, wo es zur Verwaltung hinüberführt. Und das ganze Elend bleibt unangetastet: Museumsaufpasser, Kartenabreißer. Was geht da genau vor? Von welchem Ende sieht man dort auf die Kunst?

Gibt es etwas Traurigeres als Dan Grahams Kunstkonzept als Café Bravo? (Ja, die permanente Sammlung und ihre Aufpasser im Hamburger Bahnhof - aber knapp.)