SMEK
(2)
So wird bei der Leküre von Einige Realistinnen deutlich, daß diesbezügliche
Informationen bei Cottingham fehlen, daß z.B. "(i)hre Arbeit (die von
Chicanas und Latinas, Anm. d. Verf.) (...) von vornherein nicht auf ein
Kunstpublikum ausgerichtet (war), sondern vor allem auf die Bevölkerung
der jeweiligen Stadtviertel."
Statt die tatsächlichen Überschneidungen
und Konflikte zwischen und innerhalb politischer und künstlerischer Aktivitäten
darzustellen, werden sie dem Politik-als-Kontext-von-Kunst-Blickwinkel
Cottinghams unterworfen. Dieser scheint keine Differenzierungen und Widersprüche
zwischen politischen Zielsetzungen, gesellschaftlichen Positionen und
feministischen Kunstpraxen zuzulassen.
Unter dem Primat des Einzuges ausgeschlossener
Künstlerinnen in zeitgenössische Museen werden diese einer Homologisierung
unterworfen. Not for Sale weist jedoch nicht nur Vereinfachungen in bezug
auf feministische Kunstpraxis auf. Wenn inhaltliche Differenzen zwischen
einem lesbischen und heterosexuellen Feminismusbegriff wie z.B. anhand
der Rede von Jill Johnston ("Lesbian Nation"), des L.O.V.E. Collective
( Lesbians organized for Video Experience (N.Y.C.1973) und des Lesbian
Art Project, an Oral Herstory of Lesbianism (1979) nur angerissen werden
oder aber die Diskriminierungen von schwarzen Frauen auf dem Arbeitsmarkt
von Howardena Pindell repräsentiert werden, dann erscheint die Frauenbewegung
wie eine Sammlung von Stimmen, die pluralistisch funktioniert.
Daß dabei ‘Minderheitenpositionen’ auch
solche bleiben, liegt nicht nur an der Übergewichtung künstlerischer Produkte
weißer Mittelständlerinnen.
|
Der Videoessay signalisiert zwarBewußtsein über die Unmöglichkeit,
weibliche Identität als universelle Kategorie aufzufassen; gleichzeitig
aber wird dieses Bewußtsein mit Bildern übertönt, die eher auf Sisterhoodfeelings
abheben als auf genauere Informationen über die gezeigten Aktivitäten.
Historische Ereignisse wie die angebliche öffentliche
Verbrennung von BHs und anderen ‘weiblichen’ Ausstattungsgegenständen
bleiben ebenso unkommentiert als Atmo-Flair
hineingeschnitten wie Proteste von Arbeiterinnen, kulturelle Veranstaltungen
im Womenhouse, der Streik der ‘Housewives in Stockton, Californien’ und
der ‘March for Women’s Rights N.Y.C., Aug.26, 1970’.
Das Video bietet - mit Ausnahme von Judy Chicagos Fresno State Feminist
Art Program - keinerlei genaueren Informationen über die jeweiligen Hintergründe
und vermittelt auf der Ebene der Bildsprache den Eindruck, als hätten
sich Frauen damals en gros für die separatistische Lösung einer schwulen-
und männerfreien Art & Feminismuszone entschieden.
Laut Laura Cottingham enstand der Videoessay aufgrund
der Weigerung des Whitney Museums, eine Ausstellung mit feministischer
Kunst der siebziger Jahres zu machen. Eine offenkundig ungehaltene Zuschauerin
stellte anläßlich einer ersten öffentlichen Vorführung fest, daß die meisten
im Video gezeigten Arbeiten schlichtweg schlecht ("reine Abspiegelung")
seien, sowohl bezogen auf einen kritischen Kunstdiskurs als auch bezogen
auf einen kritischen Feminismusdiskurs:
|